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#1 Der Anfang

Willkommen beim Walk-in-Vienna Blog. Diese Serie hat ein Ziel und gibt ein Versprechen. Das Ziel ist es, Geschichten über Wien zu erzählen, von der Vergangenheit bis zur Gegenwart, über wichtige und unwichtige, aber immer höchstinteressante Dinge und Menschen, die hier passiert sind, respektive leb(t)en. Das Versprechen: Sie werden in jedem Blog so viel Neues und Interessantes erfahren, dass Sie so oft wie möglich vorbeischauen wollen. Denn das ist mein eigentliches Ziel: Sie nach Wien zu locken, damit ich Sie auf eine Tour mitnehmen kann. Denn das ist es, was ich tue - ich bin ein Tour-Guide.


Aber fangen wir mal an.


Dies ist der erste Blog-Beitrag, Nummer eins, derjenige, mit dem alles beginnt, also sollten wir weit zurückgehen zu den Anfängen von Wien. Nein, nicht zu den Römern. Das wäre zu einfach. Heben wir uns die Römer für ein anderes Mal auf und gehen weiter zurück. Wie wäre es mit der ersten Siedlung in Wien? Die ältesten archäologischen Funde in Wien sind etwa 7000 Jahre alt. Das ist schon eher was! Das ist wirklich alt, das ist steinzeitlich-alt, genauer gesagt linearbandkeramikkultur-alt. Wenn Sie mit mir eine Tour durch den 3. Bezirk alias "Landstraße" machen, kann ich Ihnen genau zeigen, wo man jede Menge Linienbandkeramikkulturkeramik und einige Pfostenlöcher für Häuser gefunden hat. Und - ganz ehrlich - Sie werden genau nichts aus der Steinzeit sehen, weil sie ein Einkaufszentrum auf die Ausgrabungen gebaut haben. Zum Glück gibt es in der Nähe auch einen gemütlichen Markt, eine Barockkirche, eine Gasse voller schöner Palais und eine Villa, die der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein geplant hat, um nur einige der Attraktionen dieser Gegend zu nennen. Ein Ausflug in die Landstraße lohnt sich also auf jeden Fall. Aber die eigentliche Frage ist: Ist linearbandkeramikkultur-alt alt genug für diesen ersten Blog, die Nummer eins, die, mit der alles beginnt?


Niemals.


Heben wir uns also die Keramik für ein anderes Mal auf und gehen weiter zurück. Gehen wir zurück, sagen wir einmal, 17 Millionen Jahre. Ja, das klingt ungefähr richtig. Die Wiener waren zusammen mit dem Rest der Menschheit noch so etwas wie eine vage Verheißung für eine ferne Zukunft, gemeinsame Vorfahren von Mensch und Schimpanse würden noch mehr als 10 Millionen Jahre die Erde durchstreifen, aber besagte Erde bereitete bereits das Nest für die glücklichsten Mitglieder der Primatenfamilie, jene, die sich schließlich hier in Wien niederlassen würden. Ereignisreiche Zeiten waren das. Day-after-tomorrow-katastrophenhaft ereignisreich. Die Alpen waren noch jung und unruhig. Manche Leute sagen ja, die Alpen enden in Wien. Diese Leute kommen meist aus Frankreich und sie haben Unrecht. Es gibt andere Leute, die sagen, dass die Alpen in Wien beginnen. Diese Leute sind meist aus Wien und - etwas unerwartet, weil Wien bekanntlich voller Genies ist, musikalischer und anderer Art - haben auch sie Unrecht. Was? Ja, die Wahrheit ist, dass genau hier in Wien die Alpen in den Untergrund gegangen sind - vor 17 Millionen Jahren. Östlich von Wien sind sie immer noch da, aber sie befinden etwa fünf Kilometer unter der Oberfläche. Was da passiert ist, war, dass ein Teil der Alpen, unruhig wie sie waren, weiter nach Norden wandern wollte. Ein anderer Teil jedoch, nach einigen Äonen des kontinentalen Driftens, dachte, es wäre eine gute Zeit, sich jetzt niederzulassen und blieb stehen. Und so verabschiedeten sich die beiden uneinigen alpinen Parteien, rissen die Erde auseinander, ein Teil von ihnen wurde von dem sich auftuenden Abgrund verschluckt und der andere Teil wurde zu den Karpaten östlich von Österreich. In den nächsten Jahrmillionen füllte sich der Graben mit Sedimenten eines Meeres (ja, schon vor den Habsburgern hatte Wien Zugang zum Meer) und von Flüssen, vor allem der Donau, und ist heute als Wiener Becken bekannt. Das oben erwähnte Meer ist eine Geschichte für sich. Sein Überbleibsel ist heute als Schwarzes Meer bekannt und am Ende seiner Lebenszeit rauschte es in einem gigantischen Wasserfall, der Niagara wie ein Tröpferlbad aussehen ließe jahrhundertelang ins Mittelmeer. Sei dem wie es wolle, nur aufgrund dieser alpinen Auseinandersetzung vor 17 Millionen Jahren also, konnte sich die Donau dermaaßen malerisch um das "Ende der Alpen" schlängeln und den Wienern damit einen idealen Nistplatz zwischen einem prächtigen Fluss und den sanft abfallenden Ausläufern der Alpen bieten. Letztere Ausläufer und ihre sanften Hänge sind besonders wichtig, weil sie nach Süden ausgerichtet sind und somit zusammen mit dem milden Klima und einem, dafür wie geschaffenen Boden, ideale Wachstumsbedingungen für unseren Wein bieten. Die Gegend ist übersät mit Heurigen, in denen man bei einem Glas Grüner Veltliner den Blick nach unten schweifen lassen kann, sich von einem anstrengenden Touristentag erholt, den großartigen Blick auf die Stadt und die Donau genießt und der Geologie dankt, dass sie das alles möglich gemacht hat. Dasselbe gilt, wenn Sie - wie die Römer und Beethoven - eine der vielen Thermen im Süden von Wien besuchen wollen.


So schaut's aus. Oder schaute es aus. Der Anfang. Alles andere, was danach kam, von den linearen Bandtöpfern bis zu Franz-Josef und Sisi (sie kam genau dort in Wien an, wo sich die Donau um die Alpen windet...), war offensichtlich eine logische Folge dieser Urgewalten der Natur. So weit müssen wir in der Geschichte zurückgehen, wenn wir verstehen wollen was in Wien vor sich geht und ging.


Danke fürs Vorbeischauen und bis nächste Woche!

Baba, Max


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